Unsere Verabredung bringt uns in Zeitnot, so dass wir zu schnell durch die La Mancha segeln müssen. In Real Ciudad entdecken wir das noch sehr junge Don Quijote-Museum und machen eine kurze Pause. Dank Google steht uns die Welt offen – viele reale Infos bekommt man durch diese riesige Datenbank. Und wir nutzen sie vielfältig und täglich.

Es ist nur eine kleine Ausstellung, aber als Wünscherfüller schaffe ich kleine Highlights am Wegesrand. Frühstück inklusive. Wir lieben unser nahrhaftes Haferfrühstück. 3 Tüten á 2,5 kg habe ich für die Reise mitgenommen, die letzte und vierte Tüte musste ich wieder schmollend auspacken. Ich wusste nicht, ob M. den Nackthafer genauso mögen wird wie ich. Witzigerweise fragt er inzwischen jeden Tag, wann es das leckere Frühstück gibt. Meistens wird es gegen Mittag oder später gemeinsam zubereitet.
Was gehört alles dazu: gekeimter Hafer (2 – 3 Tage), Obst der Saison, LaVita (Konzentrat), angekeimte Saaten (nach gusto), Obst, Kerne/ Nüsse, Wasser und auf der Reise Pülverchen, die ich mitgenommen habe. Eine Schüssel am Tag bewirkt ein richtig gutes Bauchgefühl und macht über Stunden satt.

Nach Don Quijote erlaube ich uns trotz Zeitnöten einen Abstecher in ein altes römisches Bad. Eine Fahrt 400 km am Tag ohne interessante Punkte, Orte oder auch Erlebnisse halte ich für gewagt. Wir sind unterwegs, um die Regionen, durch die wir fahren, kennen zu lernen. Die Menschen und besonderen Orte. Das römische Bad hat geschlossen. Eine Eigenart der Spanier,die uns nicht das erste Mal enttäuscht. Historische Orte, die zwar beworben werden, aber zum Teil gar nicht zugänglich sind. Durch EU-Mittel saniert.
Da das Gelände mitten in den Feldern gelegen ist, hoppeln wir die Wege entlang. Auf den Äckern wird wie bei uns mit größenwahnsinnigen Maschinen (auch Kampfmaschinen genannt) gearbeitet. Wo vorher Plantagen standen, ragen uns zerschlissene und immer wieder untergepflügte Plastikschläuche und deren Überreste entgegen. Welcher Bauer zu welcher Zeit hat so schlecht seinen Boden behandelt? Entsetzt mache ich Fotos. Ändern kann ich nichts, nur immer wieder erinnern: an diesem Zustand ändert sich nur etwas, wenn sich unser Kaufverhalten ändert.
Nach einigen Stunden im Auto scheint es M. so sehr unter den Nägeln zu brennen, dass ich in der La Mancha einen Rastplatz suche. Es ist ein originelles Datum und deshalb passt genau dieser Ort. Noch wissen wir nicht, dass wir hier den ganzen Nachmittag und auch die Nacht verbringen werden. Doch es ist eine Oase der Ruhe mit fließendem Wasser und Frühlingsgesängen.
Das zarte Gezwitscher der Vögel, das laute Zirpen von Grillen (aus Erdlöchern) und das geduldige Spiel des Wassers lassen mich an diesem Ort ankommen. M. ist rasant mit Auto beschäftigt und möchte am liebsten alle seine Pläne gleichzeitig umsetzen. Doch das ist nicht Neues.
Der Weltenbaum in Spanien
Unsere Reise geht in Richtung Heimat. Doch vorher haben wir noch so einiges auf unserer Wunschliste. Wir fahren durch Spanien relativ zügig, auch wenn das mit Humboldt kaum geht. Die wundervollen Apfelsinen, die wir auf der Hintour mehr zufällig entdeckt haben, sind eines unserer Anlaufpunkte. Um dort hinzukommen, nehmen wir ein paar Umwege in kauf. Der Mistral hat 10 Tage vorher einiges an Schäden angerichtet. In Portugal haben wir davon nichts mitbekommen. Jetzt, auf den üblichen Verkehrswegen, schon. Wir fahren wie fast immer Bundes- oder Landesstraßen, selten Autobahn.
Und irgendwo erwischt es uns, 10 km vor unserem Ziel. Die Straßen sind gesperrt, weil nicht passierbar. Später sehen wir an der gesamten Küste wie stark Sturm, Regen und Meer miteinander gearbeitet haben. Die Küsten sind starkt ausgespült, Befestigungen weggebrochen, Badeorte wie Geisterorte. Niemand mehr da, dafür Sand, Treibgut und zerstörte Gebäude. Die Natur holt sich zurück, was ihr gehört?


Spätabends erreichen wir unsere kleine Farm und ernten die saftigen Früchte. Anschließend geht es weiter Richtung Küste. Endlich wieder Meer – Mittelmeer. Es wirkt so friedlich, auch wenn alles drum herum einen anderen Eindruck bietet.
Wir folgen der ehemaligen Via Augusta, die seinerzeit mit knapp 1.500 km die längste römische Straße in Hispania war. Ihren Verlauf und geschichtliche Hintergründe kann man im Internet unter https://de.m.wikipedia.org/wiki/Via_Augusta nachlesen. Eine wichtige Handels- und Verkehrsstraße, die heute noch interessante Zeitzeugen zu bieten hat. Wir wählen die Strecke, die Valencia mit Frankreich verbindet – also fahren gen Osten.

Die Fahrt durch Spanien, erst durch die Extremadura und weiter durch die La Mancha, ist in der Eile zu flüchtig. Wir nehmen die Regionen als landwirtschaftlich betont wahr. Die größeren Städte sind fast immer Universitätsstätdte. Alte Stadtkerne gibt es kaum, da im letzten Jahrhundert durch Kriege viel zerstört wurde. Die Burgen oder Alcazabars hingegen können wir überall entdecken. Weit über die Berge stehen sie und künden von prächtigen und geschäftigen Zeiten. Die Via Augusta erreichen wir auf Höhe Tarragona. In Tarragona waren wir zu Weihnachten. Hier gibt es noch einige römische Erinnerungen wie den Triumphbogen, der die einst wichtige Handelsstraße prägte. Überhaupt haben die Römer die Iberische Halbinsel mächtig vereinnahmt. Wir könnten hier wochenlang auf Entdeckungsreise gehen.
Zurück geholt von Meer und Wind

Am Ende diesen Tages haben wir unsere Einkaufsliste fast abgearbeitet und finden uns in der schönen Stadt Barcelona wieder. Da wir hier bestens übernachtet haben, fahren wir unbekümmert Richtung Botanischen Garten. Von hier oben sieht die geschäftige und brodelnde Stadt so friedlich aus. Wir genießen mit selbst gemachten Tapas im Kerzenschein die Aussicht. Wie schön, wenn man sich so einem Wirbel bewusst entziehen kann und von außen zuschauen… dabei entwickelt sich der Wunsch, am Morgen noch einmal ins Zentrum einzutauchen.
Am nächsten Morgen…
Barcelona wirkt wider Erwarten sehr entspannt. Keine Menschenmassen, die sich durch die Gassen drängeln. Der Februar scheint der Stadt etwas weniger Touristen zu bescheren. Wir trödeln mal wieder durch Zeit und Raum und lassen uns für wenige Stunden treiben. Da wir seit Lissabon zügig unterwegs waren, tut uns ein Tag Auszeit richtig gut. Wir genießen noch einmal das Flair der Stadt und fahren am Abend weiter Richtung Figures.
Figures ist mein Geschenk an M. Wir lieben es, Kunst und Museen anzuschauen. Figures ist dabei ein Muss. Das weiß M. bis zu seinem Geburtstag nicht. Danach schon. Fast einen ganzen Tag verbringen wir in der Hochburg Dalis. Und sind begeistert vom Theater, den Werken und der Art, wie Dali sich ausdrückt, darstellt, für immer in Erinnerung hält. Weniger bekannte Bilder. Sein eigentliches Schaffen ist das, was uns erwartet. Zum Abschluss genehmigen wir uns in einem kleinen Café der Stadt unseren fast täglichen und vorerst letzten spanischen Kaffee – einmal mit und einmal ohne…

Weiter geht es Richtung Via Aurelia. Wir haben noch einige Kilometer auf dem Zettel. Wir müssen in einem Atemzug durch – Marseille steht mit Datum fixiert auf unserer Liste. Das zu erreichen, wird schwierig. Und so hangeln wir uns an der wundervollen Küste mit viel zu schnellem Tempo entlang. Trost dabei: wir kommen wieder. Es ist viel zu schön, um hier einfach schnell durchzurasen. Doch wissen wir auch, dass jedes Erleben Zeit beansprucht. Und die haben wir für diese Reise fast aufgebraucht.